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Es ist wieder soweit.
Nachdem wir schon mal Essig gemacht haben wollen wir uns wieder an ein Experiment in der Küche wagen, bei dem als Ergebnis selbstgezüchteter Sauerteig herauskommen soll.
Wie schon beim Essig brauchen wir neben wenigen Grundzutaten vor allem Geduld. Aber wie auch der Essig ist Sauerteig schon lange bekannt wenn man dies vor tausenden von Jahren schon hin bekam sollte es uns nicht vor unüberwindbare Hindernisse stellen.
Und damals wie heute gilt: Wenn es nicht gleich klappt, einfach nochmal probieren.
Geschichte:
Die Ursprünge des Sauerteigs führen Historiker viele tausend Jahre zurück in die Region des Fruchtbaren Halbmonds, die Winterregengebiete am nördlichen Rand der syrischen Wüste, der sich in der Region erstreckt, in der heute der Süden des Irak, der Norden von Syrien, der Libanon, Israel, Palästina und Jordaniern liegt.
Eines der ältesten Sauerteigbrote fanden Archäologen aber in der Schweiz, es stammt von ungefähr 3700 v.Chr..
79 n.Chr. beschreibt Plinius der Ältere in seinem Buch Naturalis historia die Gewinnung von Sauerteig, indem Weizenkleie mit drei Tage altem Traubenmost. Ebenfalls kannte er die Spontansäuerung und die Sauerteigführung.
Bis zum Mittelalter war Sauerteig noch weit verbreitet, geriet dann aber langsam in Vergessenheit. Nur in Klöstern und an Höfen wurde dieses Wissen noch gepflegt.
im 15. und 16. Jahrhundert lieferten dann Brauer und Schnapsbrenner die erste Hefe an die Bäcker in Deutschland, in Frankreich stand man diesem neumodischen Kram jedoch skeptisch entgegen.
Um 1700 wurden dann die ersten Hefezüchtungen bekannt und bis Ende des 18. Jahrhunderts hatte sich eine fabrikmäßige Produktion von Hefe etabliert.
1877 stiegen die Brauer von obergärigem zu untergärigem Bier um, da Carl von Linde die dazu benötigten Kühlanlagen erfand. Da nun aber keine brauchbare Hefe mehr anfiel wurde ein Hefestamm guter Qualität gezielt selektiert und kommerziell produziert.
Um 1900 versuchte man, Roggensauer durch Zitronensäure zu ersetzen, bekam aber kein brauchbares Ergebnis.
Um 1929 entwickelte man Sauerteigstartkulturen, die man als „Reinzuchtsauer“ an. 1930 kamen Fertigsauer aus Quellmehl und Gärungsmilchsäure auf den Markt, ebenso auch getrockneter Sauerteig.
Während des Kalifornischen Goldrauschs 1849 brachten französische Bäcker Sauerteig (Sourdough) mit und etablierten ihn vorallem in San Francisco. Dort wird selbst das Maskottchen der San Francisco 49ers „Sourdough Sam“ genannt.
1898 gelangte die Tradition des Sauerteigs nach Alaska und an den Yukon, da bei den dortigen Umgebungsbedingungen Hefe und Backpulver nicht zuverlässig funktionierte. Erfahrene Goldschürfer oder Siedler trugen etwas Startkultur am Gürtle oder um den Hals und hüteten sie wie einen Schatz.
So kam es, das man noch heute die alten Hasen in Alaska und am Yukon „Sourdoughs“ nennt.
In jüngster Zeit hat Sauerteig ein Revival erlebt, nicht nur bei Hobby-Bäckern, sondern auch in Bäckereien.
Bilder Roggensauerteig
Bilder Weizensauerteig
Rezept
Zutaten:
Mehl | |
Wasser, lauwarm |
Zubereitung:
In einem Gefäß, das ungefähr 1,5 l fassen sollte, 100 g Mehl und 100 g Wasser mischen. Das Gefäß abdecken (z.B. den Deckel lose auflegen) und an einen warmen Ort stellen (24°-28°C).
Jetzt im Wechsel nach jeweils 12 Stunden umrühren und nach weiteren 12 Stunden mit weiteren 100 g Mehl und 100 g Wasser auffüllen, bis man ca. 1 kg Sauerteig hat, der dann noch 24 Stunden gereift ist.
Mehl:
Da die Bakterien und Hefen aus dem Mehl kommen sollte man ein gutes Bio-Mehl verwenden. Da Vollkornmehl eher zum Kippen des Sauerteigs neigt nimmt man ein Mehl einer hohen Type wie z.B. Weizenmehl 1050 oder Roggenmehl 1150.
Neben Weizen und Roggen kann man auch aus Dinkel oder Reis Sauerteig züchten.
Wasser:
Das Wasser sollte wie auch die Umgebungstemperatur des Sauerteigs beim Reifen zwischen 24° und „8°C haben.
Temperatur:
Die Bakterien und Hefen entwickeln sich am besten bei Temperaturen zwischen 24°C und 28°C, wobei im unteren Bereich die Milchsäurebakterien aktiver sind und im oberen die Hefen.
Solch ein gemütliches Plätzchen kann über einer Heizung sein, dann sollte aber ein Brett unter den Sauerteig gelegt werden, oder aber auch der Backofen. Wird dieser mit einer Glühbirne beleuchtet, reicht die Strahlungswärme davon aus. Also nur das Licht an und einen Löffel in die Tür klemmen, damit Stauwärme raus kann.
Farbe und Geruch
Der Sauerteig kann während des Entwicklungsprozesses merkwürdig bis alkoholisch riechen, nach vier bis sechs Tage sollte er aber sein Gleichgewicht gefunden haben und dann hellbraun aussehen und angenehm säuerlich riechen.
Riecht der Sauerteig unangenehm oder nimmt er eine merkwürdige Färbung (grünlich oder schwärzlich) ist er sofort zu entsorgen. Ebenso, wenn sich Schimmel bildet.
Verwendung:
Da sich in Sauerteig Hefen und Milchsäurebakterien befinden, kann man damit verschiedenste Backwaren treiben. Sauerteig lockert nicht nur den Teig, sondern verbessert auch Mundgefühl, Verdaulichkeit, Aroma, Geschmack und die Haltbarkeit.
Essentiell sind sie aber bei Teig mit Roggenmehl, da es wenig Gluten enthält und stattdessen Enzyme, die den darin enthaltenen Kleber abbauen. So kann der Teig das entstehende Gas beim garen nicht halten und der Teigling geht nicht auf. Die Säure des Sauerteigs behindert diese Enzyme, sodass der Teigling aufgehen kann.
Übrigens sollte Sauerteigbrot aus etwa 20-40% Sauerteig bestehen und lange genug gehen.
Anstellgut (ASG)
ASG erstellen:
Anstellgut (ASG) ist die Startkultur für weiteren Sauerteig bzw. die Sicherung des Sauerteigs.
Will man nicht ständig neuen Sauerteig ansetzen und verbrauchen, erstellt man sich ASG und bewahrt es im Kühlschrank für mindestens 7 Tage auf, bevor man es auffrischen muss.
Um aus dem selbstgezüchteten Sauerteig nun Anstellgut zu erstellen mischt man in einem kleinen Behälter:
50 g | Mehl (selbe Sorte wie Sauerteig) |
ca. 50 g | Wasser, lauwarm (je nach Mehlsorte eventuell weniger) |
15 g | Sauerteig/ASG |
Dies lässt man nun 12 bis 15 Stunden mit lose aufgelegtem Deckel bei Raumtemperatur stehen. Dann hat sich das Volumen etwa verdoppelt und der Deckel kann fest verschlossen werden. Das ASG kommt nun wieder in den Kühlschrank.
Wird das ASG aus dem ersten eigenen Sauerteig erstellt, sollte man es anfangs direkt hintereinander etwa drei- bis viermal auffrischen, bevor man es wegstellt, damit sich die Kulturen stabilisieren können.
Warum Auffrischen und nicht füttern:
Da Hefepilze nur eine gewisse Zeit aktiv sind, sammeln sich nach und nach „verbrauchte“ Hefen an. Frischt man das ASG auf, bringt man frisches Mehl ein und hat jeweils nur wenig alte Hefen.
Wird Sauerteig nur gefüttert, sammeln sich nach und nach immer mehr alte Hefen an, der Sauerteig veraltet.
ASG verwenden:
Das ASG wird maximal drei Tage vor der Verwendung als Sauerteig nochmals aufgefrischt.
Am Backtag sollte es erst zwei Stunden bei Raumtemperatur wieder „aufgeweckt werden“, bevor man es mit Wasser und Mehl mischt.
Um daraus dann Sauerteig zu machen wird ein Teil des ASG mit Mehl und Wasser gemischt und je nach Rezept eine gewisse Zeit reifen gelassen.
ASG umzüchten:
Will man einen anderen Sauerteig, ohne den langwierigen Prozess des Züchtens durchlaufen zu müssen, kann man versuchen, ASG dreimal direkt hintereinander mit dem neuen Ziel-Mehl aufzufrischen.
Wie den Urlaub überstehen:
Um den Urlaub zu überstehen kann man das ASG fester auffrischen (100 g Mehl/50 g Wasser/ 15 g ASG). Nach der normalen Reifezeit wieder in den Kühlschrank. So kann das ASG 1-2 Monate überstehen, allerdings überleben nicht alle Bakterien/Hefen.
Anschließend mit dem normalen Verhältnis wieder auffrischen.
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