Essig

eingetragen in: Rezept, Zutat 0
Print Friendly, PDF & Email

Heute gibt es eher eine Anleitung als ein Rezept. Ich zeige Euch, wie Ihr aus jeder beliebigen alkoholischen Flüssigkeit Essig machen könnt, wenn Ihr experimentierfreudig seid.
Mit Alkohol, Wasser und eventuell einer Essigmutter bzw. Apfelessig könnt Ihr Essig herstellen, den man nicht einfach kaufen kann und der sich, hübsch verpackt, auch als Mitbringsel sehr gut eignet.
Wichtig ist nur, dass dieser Essig lediglich als Würze genutzt wird und nicht zum Einlegen, da der Säuregehalt nicht genau bestimmt werden kann.

Geschichte:

Das Wort Essig kommt vom mittelhochdeutschen ezzich, das englische Wort vinegar kommt über das Mittelenglische aus dem Alt-Französischen vyn egre, welches wiederum aus dem Lateinischen von vinum (Wein) und acer (sauer) kommt.

Auch wenn die Essigherstellung vermutlich genauso alt wie die Herstellung von Alkohol ist gibt es die ersten Nachweise von den alten Babyloniern um 300 v.Chr. Sie machten Essig aus Datteln, Feigen und Gerste/Bier und nutzen ihn zum Verzehr, aber auch für medizinische Zwecke.
In China begann man, während der Zhou-Dynastie (1046-256 v.Chr.) die Essigherstellung als Beruf auszuüben. Im Buch Zhou Li wird erwähnt, das in den Herrenhäusern der Essigmacher eine eigene Position innehatte. Besonders in Shanxi wurde Essig hergestellt und auch heute noch ist diese Region für ihren Essig berühmt.
Die alten Griechen und Römer machten ihren Essig vor allem aus Wein.

Im Mittelalter wurde Orléans für die Qualität der dort hergestellten Essige berühmt und auch das Oberflächenverfahren bekam von dieser Stadt seinen Namen.
In Modena begann man mit der Herstellung von Balsam-Essig, welcher aber erst während der Napoleonischen Kriege bekannt wurde, als ihn französische Soldaten kennenlernten.
Im 19. Jahrhundert gab es dann einige stärkere Änderungen in der Essigherstellung.
1823 entdeckte Sebastian Schützenbach im Königreich Baden, dass sich der Fermentationsprozess signifikant verkürzen lässt, wenn man die Flüssigkeit über Holzspäne rieseln lässt, an denen sich die Essigbakterien anbinden. Gleichzeitig bläst man den benötigten Sauerstoff von unten ein. Durch die erhöhte Oberfläche infolge der Späne wandelt sich der Alkohol wesentlich schneller um.
Auch in Japan begann die Industrialisierung der Essigherstellung, als Matazaemon Nakano herausfand, das man aus Sake-Trester Reisessig herstellen kann.
Gleichzeitig fand Louis Pasteur heraus, dass Acetobacter die verantwortlichen Bakterien sind.
Im 20. Jahrhundert schließlich wurde dann das Submersverfahren entwickelt, bei welchem Essig innerhalb von 24 Stunden hergestellt werden kann und die die Herstellung günstigen Essigs zulässt.

Weiter Fakten:

– Die Spartiaten aßen Melas Zomas (Schwarze Suppe), die aus scharf gewürztem Schweinefleisch, -blut, Essig und Salz bestand.
– Römische Legionäre tranken Wasser mit etwas Essig, Posca genannt.
– Zu Sisis Schönheitsmitteln gehörte ein Veilchenessig.
– Gibt man Essig auf die Nesseln von Quallen können diese nicht mehr brennen. Dies gilt nicht für Portugiesische Galeeren, da diese keine Quallen sind!
– Laut einer Legende raubten vier Räuber während der Pest in Frankreich. Als sie schließlich vor Gericht standen versprach der Richter ihnen die Freiheit, wenn sie verrieten, wie sie gesund geblieben waren. Sie erzählten, dass ihnen eine alte Frau einen Trank aus Knoblauch und Rotweinessig verkauft habe. Dieser Räuberessig findet heute noch Verwendung in Hoodoo-Praktiken in New Orleans.

Rezept

Zutaten:

Alkohol
Wasser
Essigmutter
oder
Apfelessig*, naturtrüb

Zubereitung:

Achtung:
Die ganze Herstellung ist relativ geruchsintensiv! Da die Gefäße nicht verschlossen werden riecht es zunächst nach dem verwendeten Alkohol, zwischendurch nach Kleber und dann riecht es nach dem Essig!
Selbstgemachter Essig eignet sich nur als Würze, da man den Säuregehalt nicht exakt bestimmen kann und die Bakterien-tötende Wirkung beim Einlegen nicht gegeben sein kann!


Grundsätzlich lässt sich aus nahezu jeder alkoholischen Flüssigkeit Essig herstellen. Am besten macht man aber aus den Flüssigkeiten Essig, die einem auch so schmecken.
Um Alkohol in Essig zu verwandeln sollte der Alkoholgehalt zwischen 4 und 12 % liegen, da sich bei höherem Alkoholgehalt die Bakterien einkapseln.
Da die Essigbakterien den Alkohol ungefähr 1 zu 1 in Säure umsetzen, sollte man den Alkohol auch verdünnen, um die spätere Säure an den eigenen Geschmack anzupassen.
Die vereinfachte Formel dafür lautet:

Wasser[ml]=Alkohol[ml]*(IstAlkohol[%]-SollSäure[%])/SollSäure[%]

Hat man eine Zielmenge, kann man die Menge Alkohol bzw. Wasser mit folgenden Formeln berechnen:

Alkohol[ml]=Zielmenge[ml]*SollSäure[%]/IstAlkohol[%]
Wasser[ml]=Zielmenge[ml]*(1-SollSäure[%]/IstAlkohol[%])

Es gibt mehrere Möglichkeiten, aus alkoholischen Flüssigkeiten Essig herzustellen.
1. Man kauft eine Essigmutter und setzt sie der Flüssigkeit zu.
2. Man „impft“ die Flüssigkeit mit unfiltriertem naturtrübem Apfelessig.
3. Man lässt der Natur ihren Lauf und wartet, bis Obstfliegen die Flüssigkeit für sich entdeckt haben und sie „impfen“.

Die (eventuell verdünnte) alkoholische Flüssigkeit in ein sterilisiertes Glas- oder Tongefäß mit großer Öffnung (gute Belüftung) füllen und die Essigmutter bzw. einen guten Schluck Apfelessig hinzugeben oder eben nichts. Bei Essigmutter oder Apfelessig kann man das Glas gleich mit einem feinen Tuch abdecken, wartet man auf die Obstmücken muss man das Gefäß natürlich offen lassen, bis man die ersten Anzeichen der Essigmutter entdeckt. An einem warmen Ort stehen lassen, da sich die Bakterien bei etwa 25°C am wohlsten fühlen. Unter 10°C werden sie inaktiv, über 65°C sterben sie.

Zunächst kann man vielleicht einen Geruch nach Kleber wahrnehmen, dann wird gerade der Alkohol in Essig umgewandelt. Wenn die Flüssigkeit dann nach Essig riecht sollte man sie regelmäßig probieren, bis der Geschmack gefällt.
Dann die Essigmutter herausheben, den Essig durch doppelt gelegte Kaffeefilter filtern. Nun kann man ihn entweder direkt in sterilisierte Flaschen abfüllen und lagert ihn kühl oder man pasteurisiert ihn bei 65°C bis 72°C für 10 Minuten. Danach auch in sterilisierte Flaschen füllen.

Meine Vorgehensweise:

Ich verwende einen einfachen, naturtrüben Apfelessig und teile die Menge (Bei mir 750 ml) in Portionen von je 250 ml auf, die ich in klare Glasflaschen fülle und erstmal eine oder zwei Wochen mit Deckel auf der Arbeitsplatte in der Küche stehen lasse. Ein- bis zweimal am Tag nehme ich den Deckel ab und lass Sauerstoff hinein, dann schließe ich die Flasche wieder, damit zum einen nicht zu viel verdunstet und es zum anderen nicht zu sehr riecht. Wenn ich belüfte schwenke ich die Flasche auch immer ein wenig. Bald erkennt man eine kleine Essigmutter, die in der Flüssigkeit treibt.
Nun verdünne ich den zu verwendenden Alkohol mit Wasser, sodass ich ebenfalls 250 ml Alkohol-Lösung erhalte. Diese gebe ich zum Apfelessig, verschließe die Flasche nicht, sondern decke sie nur mit etwas Serviette/Taschentuch ab und stelle die Flasche wieder auf die Arbeitsfläche. Nun warte ich, bis die Essigmutter gewachsen ist und den Alkohol in Essig umgewandelt hat.
Nun fülle ich den entstandenen Essig in ein größeres Gefäß um und fülle mit weiteren 500 ml alkoholischer Lösung auf.
Wenn die gesamte Flüssigkeit umgewandelt ist nehme ich die Hälfte der Flüssigkeit, filtere sie durch einen doppelten Kaffeefilter und koche sie vorsichtig ab, die andere Hälfte bleibt mit der Essigmutter zurück und kann wieder aufgefüllt werden.
Da die Essigmutter aus dem Apfelessig kommt, schmeckt es zunächst auch noch nach Apfelessig, der Geschmack nach dem verwendeten Alkohol wird nach dem ersten Durchgang intensiver.

Was schwimmt denn da?

Essigmutter:

Die Essigmutter bildet eine durchsichtige bzw. milchig-durchsichtige Schicht an der Oberfläche (Kahmhaut). Auch helle Flocken bzw. Schlieren in der Flüssigkeit sind Essigmütterchen.
Mit dem Ansatz ist alles gut.

Kahmhefen/Kahmpilze:

Sie bilden eine weiße undurchsichtige Schicht, die nicht gefährlich oder ungesund ist, aber sie können den Geschmack negativ beeinflussen. Bilden sich Kahmhefen kann man probieren, den Essig zu retten, indem man mit einem Holz-/Plastelöffel so viel wie möglich von der Schicht entfernt.
Ursache kann ein zu geringer Säuregehalt sein.

Würmer:

Es kann passieren, dass sich kleine Würmer entwickeln, sogenannte Essigälchen. In dem Fall sollte man die Flüssigkeit entsorgen.

Schimmel:

Bilden sich graue Schimmelinseln ist der Ansatz verdorben und muss unbedingt entsorgt werden.

Die Essigmutter:

Die Essigmutter kann in ihrem Ursprungsessig aufbewahrt werden. Dazu einfach etwas vom hergestellten Essig aufbewahren und die Mutter darin. Hin und wieder etwas unter die Oberfläche stupsen, damit genug Sauerstoff an die Flüssigkeit kommt.
Hat die Mutter keinen Alkohol als Nahrung mehr, stirbt sie ab. Man sollte also immer wieder etwas Alkohol nachgießen.
Will man mit der Mutter eine andere Sorte Essig machen kann man sie abwaschen und sogar teilen, ich habe damit aber noch keine Erfahrung.

Mein Essig:

Chimay Blau:

Leckerer Essig mit guter Säure, bestehend aus 330 ml Chimay, einem Schluck Apfelessig und etwas Wasser.

SpreeCoast Westcoast IPA:

Essig mit guter Säure aber nach meinem Geschmack zu starkes Bieraroma, bestehend aus IPA und einem Schluck Apfelessig.

Woodford Reserve Kentucky Straight Whisky:

Interessanter Essig mit feinem Whiskey-Geschmack. Bestehend aus 62,5 ml Whisky, 187,5 ml Wasser und 250 ml Apfelessig. Aufgefüllt mit weiteren 125 ml Whisky und 375 ml Wasser.

Ouzo of Plomari:

Essig, bei dem der Anis-Geschmack in der ersten Charge (noch mit ¼ Apfelessig) nicht deutlich zur Geltung kommt und noch vom Apfel überdeckt wird. Bei der zweiten Charge fällt der Apfel-Geschmack weg, der Anis-Geschmack ist aber immer noch sehr zart. Bestehend aus 62,5 ml Ouzo, 187,5 ml Wasser und 250 ml Apfelessig. Aufgefüllt mit weiteren 125 ml Ouzo und 375 ml Wasser.

Havana Club:

Essig mit deutlicher Rum-Note. Bestehend aus 62,5 ml Rum, 187,5 ml Wasser und 250 ml Apfelessig. Aufgefüllt mit weiteren 125 ml Rum und 375 ml Wasser.

Sekt:

Sehr leckerer Essig, obwohl ich kein Sekt-Trinker bin. Bestehend aus 250 ml Apfelessig und 200 ml Sekt. Aufgefüllt mit Sekt auf 1 l.

Rezepte mit Essig:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert